Vor allem in Studiengängen mit hohen Mathematikanteilen ist der Übergang von der Schule in die Universität oft mit großen Hürden verbunden. Die Studierenden geben als Gründe hauptsächlich Leistungssch...wierigkeiten und Motivationsverluste als wesentliche Ursachen an [Heublein et al., 2008]. In der Literatur werden aktuell zwei unterschiedliche Erklärungsansätze zur möglichen Entstehung dieser Schwierigkeiten formuliert: auf der einen Seite die grundsätzliche Veränderung des Mathematik-Charakters beim Wechsel von der Sekundarstufe in die Hochschule, auf der anderen Seite hingegen eine wesentliche Änderung des Lehrens und Lernens von Mathematik im Vergleich zum Schulmathematikunterricht [Rach und Heinze, 2011]. Gleichzeitig ist die Lehrweise an Universitäten oftmals stark „produktorientiert“ [Dreyfus, 1991]. Für einen erfolgreichen Lernprozess kann es jedoch hinderlich sein, die Mathematik als „fertiges Endprodukt“ darzustellen, da die Studierenden hierbei nicht vollständig dazu befähigt werden, Mathematik selbstständig zu betreiben [Luk, 2005].
Empirische Untersuchungen von universitären Lehr-Lern-Prozessen im Bereich der Mathematik liegen im Gegensatz zur schulischen Unterrichtsforschung [vgl. Reusser und Pauli, 2010] bisher kaum vor. Die genannten Aspekte implizieren die Annahme, dass sich die Schwierigkeiten zu Beginn eines technisch-(natur)wissenschaftlichen Studiums auf ein inadäquates Passungsverhältnis der individuellen Lernvoraussetzungen einerseits und der inhaltlichen Leistungsanforderungen auf Hochschulseite andererseits zurückführen lassen.
Das zentrale Ziel dieser Arbeitsgruppe ist der Abgleich der Inhalte der Mathematik-Einführungsveranstaltungen mit den mathematischen Anforderungen der wirtschaftswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen in den Folgesemestern. Das Poster zeigt neben der Vorgehensweise und den eingesetzten Instrumenten erste fundamentale Ergebnisse dieses Abgleichs. Ebenso ist die Ergebnisdarstellung einer Evaluation der Studierenden zu mathematikspezifischen Fragestellungen zum Zeitpunkt der SEP wesentlicher Bestandteil des Posters.
Die relevanten Aktivitäten im Bereich des digitalen Lehrens bestanden dabei wie folgt:
1. Für den Studienbeginn zum WS 2017/18 wurde ein mathematischer „Selbsteinschätzungstest für Studienanfänger“ angeboten, der den Studienanfänger*innen dabei helfen sollte, bereits vor den Mathematik-Vorkursen festzustellen, ob sie über die notwendigen Vorkenntnisse verfügen und den fachlichen Anforderungen ihres Studiums gewachsen sind. Der einstündige Online-Test, welcher als interaktives PDF-Dokument technisch umgesetzt war, sollte vor allem dazu dienen, eine individuelle Einstufung der Studierenden in den für sie geeigneten Vorkurs zu ermöglichen. Um hierzu eine adäquate Einschätzung der persönlichen Kenntnisse zu erhalten, wurde empfohlen, beim Lösen der Aufgaben größtenteils auf einen Taschenrechner zu verzichten. Außerdem sollte keine Hilfsliteratur verwendet und der Test nicht in Gruppen(-arbeit) durchgeführt werden. Inhaltlich war der Test an die gemäß dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nord-rhein-Westfalen (MSB NRW) definierten Mathematik-Standards angelehnt und thematisierte dementsprechend zunächst Termvereinfachungen und -umformungen sowie Aufgaben aus dem Bereich der Arithmetik, daneben das Lösen quadratischer Gleichungen sowie von Ungleichungen, Prozent- und Zinsrechnung sowie schließlich Kurvendiskussionen als Bestandteil der Analysis mit grundlegenden Kenntnissen der Differenzial- und Integralrechnung. Das Testergebnis musste nach vollständiger Bearbeitung anhand einer Musterlösung selbstständig durch die Testteilnehmer*innen ermittelt werden. Die Empfehlung des Instituts für Mathematik (IfM) lautete, beim Erreichen von weniger als 40 % der Gesamtpunkte den mathematischen Grundkurs zu besuchen. Sollten die Studierenden mehr Punkte erreicht haben, sollten sie sich hingegen entscheiden, den Aufbaukurs wahrzunehmen.
2. Die Ergebnisse der Evaluation wurden im Fachzirkel diskutiert und erste Maßnahmen eingeleitet. So konnte durch den Arbeitskreis erwirkt werden, dass zum WS 2018/19 ein als Bestandteil der Hausübungen definierter sowie in den einzelnen Modulbeschreibungen dokumentierter und damit für alle Studienanfänger*innen verpflichtender (anonymisierter) Mathematik-Einstufungstest im Curriculum aufgenommen wurde. Als Grundlage hierfür wurde der „Hamburger Orientierungstest“ der Initiative MINTFIT.HAMBURG der Hamburger Hochschulen (HCU , HAW Hamburg, TUHH und UH ) genutzt.
Ein Tagungsband mit einem Beitrag der Autoren ist in Arbeit und wird voraussichtlich Mitte/Ende des Jahres 2019 veröffentlicht.
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